Tobias Jensen
stellt sein Debütalbum «What Needs to Be Said» in der Rotfarb Uznach vor.
Andrei zeigt auf ein Detail der Massskizze, die ihm als Grundlage für sein Masswerk dient.
Der 17-jährige Andrei Ispas hat einen seltenen Beruf gewählt: Er ist angehender Steinmetz. Mit seiner Faszination für das dauerhafte Material und einer Leidenschaft für handwerkliche Feinarbeit gestaltet er Ornamente aus Bollinger Sandstein Brand. Trotz technischer Unterstützung bleibt die Handarbeit der Schlüssel zu seiner Arbeit – und zu seiner Begeisterung für diesen krisensicheren Beruf.
Neuhaus «Was mich an meinem Beruf fasziniert?», fragt der 17-jährige Andrei Ispas. «Das ist ganz einfach zu beantworten: «Der Stein als Arbeitsmaterial ist dauerhaft; viel dauerhafter als Holz zum Beispiel.» Andrei wohnt in Rapperswil-Jona und hat eben das erste Lehrjahr als Steinmetz bei der Müller Naturstein AG in Neuhaus in Angriff genommen. Steinmetzinnen und Steinmetze formen Naturstein, indem sie das Material mit Handwerkzeug und Maschinen bearbeiten. In der Schweiz spezialisieren sie sich in einer von vier Fachrichtungen: «Bildhauerei», «Industrie», «Renovation und Bau» oder in «Gestaltung und Marmorverarbeitung».
Andrei hat vor seinem Lehrbeginn – Fachrichtung «Renovation und Bau» – bereits ein einjähriges Praktikum bei der Müller Naturstein absolviert und Deutsch gelernt. Seine Familie stammt ursprünglich aus Rumänien und ist vor etwas mehr als einem Jahr aus England zugewandert. Dort arbeitete sein Vater auf dem Bau und Andrei kam in Kontakt mit Berufsleuten. Er sagt: «Ich hätte mir auch vorstellen können, Architekt zu werden. Nach meiner Schnupperlehre hier war ich vom Beruf des Steinmetzes begeistert und habe mich für die Ausbildung entschieden.
Andreis Arbeitstag beginnt um 7 Uhr. Wegen der Staubentwicklung bei der Steinbearbeitung schaltet er die effiziente Absauganlage ein und legt Atemschutzmaske und Werkzeug bereit. Im ersten Lehrjahr soll Andrei vor allem ein Gefühl für den Bollinger Sandstein Brand entwickeln, der hier hauptsächlich verarbeitet wird: Übungsstücke kann er entweder selbst entwerfen und anfertigen, oder der Lehrmeister gibt ihm eine Aufgabe: Zurzeit arbeitet er an einem gotischen Masswerk. Diese werden zum Beispiel für Kirchen und Dome angefertigt und bestehen aus geometrischen Mustern, die als Steinprofile umgesetzt werden, wobei der Stein auch komplett skelettiert wird. «Diese Handarbeit - eine Mischung aus Planung, geometrischem Zeichnen und viel Feinarbeit - macht die Faszination des Berufs aus», sagt Andrei überzeugt.
Der junge Mann hat einen eher seltenen Beruf gewählt: Gerade mal 15 Lernende im ersten Lehrjahr aus der ganzen Deutschschweiz besuchen mit ihm einmal im Monat während einer Woche den Blockunterricht an der Berufsschule in Dagmersellen im Kanton Luzern. Wer sich für diesen Beruf interessiert, sollte laut Schweizerischem Naturstein Verband Schweiz (NVS) folgendes mitbringen: handwerkliches Geschick, praktisches Verständnis, räumliches Vorstellungsvermögen, ästhetisches Empfinden, Geduld und Ausdauer sowie eine kräftige Konstitution. Andrei lacht: «Das stimmt, aber das mit der kräftigen Konstitution ist etwas übertrieben.» Er selbst sei eher schmal gebaut und der Beruf sei auch für Frauen gut geeignet, meint er. Technische Unterstützung gibt es auch in diesem Handwerksberuf: Mit Hilfe riesiger CNC-Maschinen werden zum Beispiel Fassadengesimse, Fenstereinfassungen, Bögen und Pfeiler aus dem Stein gefräst, die dann vom Steinmetz in Handarbeit fertiggestellt und auf der Baustelle versetzt werden. Trotz aller maschinellen Hilfe ist der Job krisensicher, denn diese Fein- und Massarbeit – vor allem bei Renovationen und im Denkmalschutz – kann nie vollständig von einer Maschine übernommen werden.
Andrei hat nun eine vierjährige Lehrzeit vor sich. Ausgebildete Steinmetze können danach die höhere Fachprüfung (HFP) ablegen, an Fachhochschulen Studiengänge in verwandten Bereichen wie Konservierung und Restaurierung belegen oder in Deutschland die Meisterprüfung machen. Neu können ausgebildete Steinmetze auch Bauführer werden.
Von Michel Bossart
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