Manuel Rüegg
hat mit dem Verein Rickenloipe über 500 Kilometer gespurt.
Das Obertoggenburg ist Thomas Diezig zur zweiten Heimat geworden.
Seit Januar führt Thomas Diezig die Gemeinde Wildhaus-Alt St.Johann mit einem klaren Fokus auf pragmatische und schnelle Entscheidungswege. Trotz der komplexen Herausforderungen in der Raumplanung und dramatischen Vorfällen bleibt er seinem Anspruch treu, volksnah und bodenständig zu agieren.
Wildhaus-Alt St.Johann 2013 ist Thomas Diezig der Liebe gefolgt und hat im Obertoggenburg Wohnsitz genommen. Der Oberwalliser fühlt sich in Alt St.Johann wohl. So wohl, dass der 42-jährige, vierfache Familienvater im zweiten Wahlgang ins Rennen ums Gemeindepräsidium von Wildhaus-Alt St.Johann eingestiegen ist. Wobei: Ein Rennen war es nicht wirklich – nachdem sich alle anderen Kandidaten zurückgezogen hatten, wurde er in stiller Wahl ins Amt gehievt. Doch Diezig ist kein Neuling in der Politik. Zuvor war er Leiter der Bauverwaltung. Der Parteilose erinnert sich: «Ich habe mich nicht ums Amt bemüht. Aber als ich so viel Zuspruch und Aufmunterungen aus der Bevölkerung und von den Gewerbetreibenden erhalten habe, habe ich mich dazu entschlossen, zu kandidieren.» Dass es letztendlich eine stille Wahl geworden ist, findet er nur insofern schade, als dass es kein eindeutiges Wahlresultat gibt. Dazu kommt aber schon bald die nächste Gelegenheit. Im Herbst werden im gesamten Kanton die Gemeindeexekutiven neu gewählt. Diezig wird sich der Wiederwahl stellen.
Seit dem 1. Januar ist er nun in Amt. Grosse Überraschungen haben ihn keine erwartet, meint er. Schliesslich habe er als Leiter der Bauverwaltung gewusst, was in etwa auf ihn zukommen werde. Klar, das Verantwortungsspektrum sei grösser – und noch interessanter – geworden. «Man darf in diesem Amt keine Angst vor Entscheidungen haben. Eine Sache kommt auf uns zu, wir prüfen die Argumente dafür und dagegen und entscheiden, wo wir können.» Lösungs- und Kundenorientiertheit sind ihm wichtig und diese verlangt er auch von seinen Mitarbeitenden.
Wie für alle St.Galler Gemeinden, stellt die Raumplanung auch für Wildhaus-Alt St.Johann eine grosse Herausforderung dar. Die Gemeinde muss 132'000 Quadratmeter Bauland auszonen. «Da gibt es nur Verlierer», stellt Diezig konsterniert fest. Einerseits werde Vermögen vernichtet, andererseits wird es für die Gemeinde beinahe unmöglich, zu wachsen, weder wirtschaftlich noch an der Einwohnerzahl. «Wie sollen wir uns entwickeln, wenn keine Mehrfamilienhäuser mehr gebaut werden dürfen?», fragt er. Ein weiteres (Bau-)Projekt ist der Neubau des Altersheims. Das Heim in Starkenbach mit 20 Plätzen soll aufgegeben und ein neues Zentrum mit 40 Plätzen in Unterwasser eröffnet werden. «Raumplanerisch ist alles vorbereitet, was fehlt ist die Rechtsform. Daran arbeiten wir jetzt.»
Die Förderung des Tourismus zähle zwar nicht zu den Hauptaufgaben einer politischen Gemeinde, sagt Diezig, trotzdem sei man selbstverständlich an funktionierenden Infrastrukturen interessiert. So freut er sich auf die Eröffnung des Klanghauses im nächsten Jahr und darüber, dass man langsam, aber sicher, das Obertoggenburg nicht nur als Winter- sondern als Ganzjahrestourismusregion etablieren konnte. Aus dem Bergbahnenstreit ohne gemeinsames Ticket hält er sich politisch raus, gibt aber zu bedenken: «Realistischerweise müssten diese zwei Unternehmen fusionieren.»
Die Gemeinde geriet auch national in die Schlagzeilen, weil es am Selun innert kurzer Zeit drei tödliche Unfälle mit Schneeschuh- und Tourenskiläufer gegeben hat, die in ein Karstloch gestürzt sind. «Die fragliche Doline haben wir nun gesichert. Da kann niemand mehr reinfallen», versichert der Gemeindepräsident, mahnt aber, dass der Alpinismus immer gewisse Gefahren berge und die Gemeinde das Unfallrisiko unmöglich auf null minimieren könne. Und noch für eine nationale Schlagzeile sorgte das Dorf kürzlich: Das ehemalige Hotel Acker brannte am 7. Februar lichterloh. Die Staatsanwaltschaft geht von Brandstiftung aus und ermittelt. Mitte April hat die Gemeinde nun die Abbruchgenehmigung erteilt. Wann der Besitzer mit dem Rückbau beginne, wisse er zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht, sagt Diezig.
Und wie möchte er dereinst bei der Obertoggenburger Bevölkerung in Erinnerung bleiben? Diezig muss nicht lange nachdenken: «Ich bin nichts Besonderes und mache einfach meinen Job. Ich würde mich freuen, wenn die Bevölkerung mich wahrnimmt, wie ich bin: volksnah und bodenständig.» Michel Bossart
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