Gianfranco Salis
gehört zu den Initianten eines neuen Fests im Seedorf Schmerikon.
Rund 200 Selbsthilfegruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten gibt es kantonsweit. Auch im Einzugsgebiet dieser Zeitung ist die Vielfalt gross, wie Pamela Städler von Selbsthilfe St.Gallen und Appenzell weiss. Und im Gespräch mit ihr wird klar: Selbsthilfegruppen können mehr bewirken, als man denkt.
Region «Wen man etwas erzählt und alle im Raum nickend wissen, dann ist man in einer Selbsthilfegruppe.» So bringt es Pamela Städler, Stellenleiterin von Selbsthilfe St.Gallen und Appenzell kurz und bündig auf den Punkt. Doch Selbsthilfegruppen können noch mehr. Sie können Betroffene von Krankheiten oder von Schicksalsschlägen aus ihrer sozialen Isolation holen, können den Selbstwert der Teilnehmenden steigern, Ängste abbauen und zur Genesung beitragen. «Man ist unter Gleichbetroffenen, fühlt sich komplett verstanden und wird nicht verurteilt. Und ich sehe so oft, dass Menschen aufblühen, wenn sie wieder Teil einer Gruppe sein können», sagt Pamela Städler. Sie ist seit zwölf Jahren für die Koordination der Selbsthilfeangebote im Kanton zuständig und stellt fest, dass es auch immer mehr Gruppen für Angehörige gibt, was sie sehr begrüsst. Denn Familie und Freunde litten auf jeden Fall immer mit. Die Themen reichen von Alkohol über Krankheiten bis Zwangsstörungen oder Trauer.
Keine Selbsthilfegruppe ist gleich, wie die andere, das wird in Pamela Städlers Schilderungen deutlich. «Es ist ganz oft nicht einfach ein im Kreis sitzen und einer redet», verdeutlicht sie. Auch wenn diese Form der Treffen durchaus ihre Berechtigung hat. Man kann über Schwierigkeiten sprechen, über den Umgang mit einer Krankheit im Alltag oder einfach erzählen, was gerade unter den Nägeln brennt. Sowohl Freudiges als auch Trauriges. Manche Gruppen treffen sich im Café, andere in einer Beiz. Wieder andere gehen zusammen ins Kino oder grillen gemeinsam. «Wir sind am Anfang immer dabei, wenn es um die Gründung neuer Gruppen geht», sagt die Sozialarbeiterin FH Pamela Städler. Danach entwickelt sich jede Gruppe ganz unterschiedlich. Am Beginn eines neuen Angebots steht immer eine Initiantin oder ein Initiant, der mit einer Idee für eine Selbsthilfegruppe auf Pamela Städler oder ihre Mitarbeiterin Susanna Rodi-Giger zukommt. «Dann machen wir eine Bedarfsabklärung, drucken Flyer und machen Werbung für das Angebot.» Interessierte werden zu einem unverbindlichen Informationsabend eingeladen, womit meist oft schon der Grundstein für eine neue Selbsthilfegruppe gelegt ist. Oder aber bereits deutlich wird, dass das Interesse nicht gross genug sein wird. «Wenn ich Leuten bestehende Gruppen empfehle, rate ich immer, mindestens drei Mal hinzugehen und dann zu entscheiden, ob das Angebot in Frage kommt. Falls nicht, geht die Suche nach einer bedürfnisorientierten Begleitung der betroffenen Person weiter.» In den meisten Fällen sei eine Kombination aus ärztlicher, therapeutischer Begleitung und Selbsthilfegruppe am zielführendsten für die Stabilisierung und Genesung der einzelnen Personen.
Die Selbsthilfezentren bieten aber noch mehr Hilfestellungen. Beispielsweise Weiterbildungen für Gruppensprecher*innen. Und einmal pro Jahr ruft Pamela Städler bei allen Gruppen an, um bei Bedarf Unterstützung anzubieten.
Egal, welches Problem jemanden in die Selbsthilfegruppe führt, die wichtigste Regel ist immer die Schweigepflicht. Hat man dennoch Angst, jemanden zu treffen, den man kennt, bietet das grosse Angebot der rund 200 Gruppen in St.Gallen und den beiden Appenzell bei einigen Problemen die Möglichkeit, aus verschiedenen Standorten zu wählen.
Von Martina Michel
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